Was ist Demenz? Bilderbuch ab 3: "Oma, du darfst meine Puppe haben" von Mark Haayema

Inhalt: Die sechsjährige Josie liebt ihre Puppe, die sie überallhin mit nimmt. Jede Woche besucht sie ihre Oma, die zunehmend schrulliger wird. Doch das stört Josie nicht weiter. Als ihre Oma sehr vergesslich wird und in ein neues Altersheim umzieht, leiht Josie ihr ihre geliebte Puppe aus - für nur eine einzige Nacht. Denn die Puppe hilft Josies Oma, dass sie sich nicht allein fühlt. Ob es dabei bleibt? Ein Bilderbuch ab 3 über die Themen Älterwerden und Demenz. Rezension des Kinderbuches: Wenn Oma oder Opa schrullig und vergesslich werden Alt sein und Demenz sind beides Themen, die für Kinder aufgrund ihrer eigenen Erlebnisse mit den Großeltern oder alten Nachbarn eine Rolle spielen. Gleichzeitig sind sie keine leichten Themen und haben dennoch den Reiz für Autoren, witzige Szenen einzubauen. Der niederländische Autor Mark Haayema hat sich in seinem Bilderbuch "Oma, du darfst meine Puppe haben", das 2023 im Münchner mvg Verlag erschienen ist, dem Thema Altsein, Demenz und d

Mißlungen und Geldverschwendung: meine Meinung zur aktuellen Fernsehkampagne der Stiftung Lesen

Vor wenigen Tagen startete die Stiftung Lesen in Zusammenarbeit mit dem privaten Fernsehsender RTL ihre Marketingkampagne zur Leseförderung. Lesen als kulturelles Werkzeug von uns Menschen ist für die Entwicklung eines Kindes ein wichtiger Bestandteil. Denn die Beschäftigung mit Wörtern, mit Sprache ist Ausdruck eigener Kreativität und der Individualität des Kindes. Nur durch die Sprache ist ein Miteinander im Alltag überhaupt möglich.
Wer wie ich, Kleinkinder im Haushalt hat, die erst mit dem Sprechen anfangen, der staunt, wie sie jedes neues Wort wie ein Schwamm aufsaugen, sich aneignen und selbst sprechen wollen. Das ist und kann nicht von außen gesteuert werden. Der unbedingte Wille zum Spracherwerb steckt ganz tief in den Kindern selbst drin. Sie wollen von sich aus Wörter lernen, kommunizieren. Kleinkinder zeigen auf Gegenstände, Tiere usw. und wollen wissen, wie diese heißen. Sie verzweifeln, wenn sie mit ihren Worten sich nicht ausdrücken können, nicht verstanden werden und dann nicht das bekommen, was sie wollen. Da geht es um alltägliche Dinge wie eine bestimmte Wurst auf ihrer Schnitte, ein - bestimmtes - Getränk, einen Apfel. Je mehr sie selbst mit Worten ausdrücken können, desto selbständiger werden sie. Sie sind stolz, wenn sie neue Wörter können und merken, wieviel mehr sie mit diesen im Alltag erreichen (und die Eltern sind auch über jedes neue Wort erfreut).

Und wie lernen Kinder die Sprache? Indem sie zuhören, mit ihnen ganz normal gesprochen wird und eben auch durchs Lesen, was Vorlesen, gemeinsames Lesen und später eigenes Lesen heißt.
Historisch gesehen leben wir heute beim Lesen in einem paradiesischen Zustand. Fast alle können dank der Schule überhaupt selber Lesen. Zudem haben sie Zugang zu Büchern. Bücher sind nicht mehr eine Luxusanschaffung pur, wie sie noch viele Jahrhunderte lang in Europa waren. Nein, Bücher kann sich heute jeder leisten. Und wer sich nicht selbst Bücher kaufen kann oder mag, der hat durch die öffentlichen Bibliotheken meist zu einem kleinen Obolus Zugang zu einer großen Auswahl.
Daß das (Vor)Lesen nicht in jeder Familie selbstverständlich ist, zeigt die Vorlesestudie der Stiftung Lesen für das letzte Jahr. Ein Drittel aller Eltern lesen ihren Kindern 2013 kaum oder überhaupt nicht vor, auch wenn diese Zahl gegenüber 2007 gesunken ist. Zudem sind Eltern kein gutes Lesevorbild für ihre Kinder, da sie selbst zu wenig zum Lektürestoff greifen (dabei ist es egal, ob es sich hier um ein Buch oder eine Zeitung handelt).
Dabei geben sich Stiftungen oder öffentliche Bibliotheken viel Mühe, Lesen zu fördern. Da gibt es beispielsweise die Kampagne „Lesestart – Drei Meilensteine für das Lesen“, bei der Eltern schon bei einer der ersten Untersuchungen durch den Kinderarzt für die allerkleinsten Infomaterial und ein Buch bekommen, später dann die Bibliotheken mit einem Ausweis, Büchern und Aktionen die Kampagne real vor Ort weiterführen. Oder in Bibliotheken lesen ehrenamtliche Lesepate den Kindern aus Kindergarten und Schule vor. Die Kinder sind immer begeistert dabei. Sie entdecken die Bibliothek als Ort der Bücher, in der sie neugierig nach ihrer Lektüre stöbern können. Und wer als Eltern Orientierung bei der riesigen Auswahl an Kinderbüchern braucht, der findet im Netz tolle Webseiten. Sei es wie meine, in der ich Kinderbücher vorstelle, oder Stefanie Leos Buecherkinder.de, auf der Kinder (!) die Bücher rezensieren, oder bei Ajum.de, wo pädagogische Kräfte die Neuerscheinungen kritisch unter die Lupe nehmen.

Stiftung Lesen: mit RTL die Kampagne "Die Macht der Worte"

So, und nun startet also die Stiftung Lesen eine neue Werbekampagne, um auf die Bedeutung von Lesen hinzuweisen. Ob solche Kampagnen überhaupt ihr Ziel erreichen, läßt sich trefflich streiten. Selbst sehe ich es sehr kritisch. So eine Kampagne kostet sehr viel Geld, aber was bewirkt sie denn wirklich? Aufmerksamkeit? Ja, aber bei wem denn? Wirklich bei der Zielgruppe, die erreicht werden will? Also lassen sich Eltern und Jugendliche durch eine Werbekampagne - wie in diesem Fall mehrere kurzen Spots von weniger als einer halben Minute (!), die auf dem Fernsehsender RTL gezeigt werden - überzeugen, auf einmal zum Buch zu greifen? Ich finde es illusorisch und denke nein.
Natürlich ist die Zusammenarbeit mit RTL zunächst nicht ganz unstrategisch gewählt, besser als mit ARTE. Denn die Zielgruppe der Nichtleser schaut eben RTL und nicht Kulturfernsehsender wie ARTE etc. Zielgruppentechnisch ist die Wahl des Kooperationspartners geschickt.
Nun laufen also 6 Spots unter dem Slogan "Die Macht der Worte". Jeder Film wird von einem bekannten Gesicht des Fernsehsenders präsentiert: Peter Klöppel als Nachrichtensprecher, Frauke Ludowig, die ein Klatschmagazin moderiert, Steffen Hallschka, der Moderator eines Pseudoaufklärungsmagazins ist, Nazan Eckes, die ebenfalls mehr bei Klatsch-und-Tratsch-Sendungen zu sehen ist, Janine Steeger, die eine Sendung zwischen Pseudoaufklärung, Pseudoerregung und Klatsch/Tratsch moderiert, sowie Bülent Ceylan, der als Komiker bekannt ist. Ok, alle Gesichter sind durch ihre permanente Dauerbeschallung in den Medien selbst Nichtguckern wie mir mehr oder weniger bekannt (denn irgendwann laufen sie einem doch über den Weg). Und ja, die anvisierte Zielgruppe wird sie kennen, wenigstens den einen oder anderen.



Und die Spots? Der Aufbau ist gleich. Jeder Film fängt mit "Starke Worte - große Wirkung" an. Dann erscheint der "Prominente", spielt mit Worten, Phrasen und Redewendungen. Graphisch umspielen ihn dann Buchstabenfolgen, die ihn mal fesseln, auf ihn zuzüngeln etc. Alle kommen in ihrer Aussage zum Ergebnis, daß man mit den richtigen Worten nicht nur kreativ ist, sondern eben auch seine Mitmenschen beeindrucken, bezirzen oder auch mal besiegen kann.

Und wie finde ich die Kampagne, die Spots?

Nicht ganz berauschend, zu glatt und völlig das Ziel verfehlend. Zusammengefaßt: eine typische Kampagne einer großen Werbeagentur (wahrscheinlich), die viel Geld gekostet hat und abperlen wird.

Warum?

  1. Ja, der Kooperationspartner mit Zugang zur Zielgruppe ist gut gewählt. Aber wie schon oben angedeutet, glaube ich nicht, daß ein halbminütiger Werbefilm zwischen Werbung und Sendung geschaltet wirklich die Zielgruppe bewegt, auf einmal zum Buch zu greifen. Nein, es wird abperlen. Vielleicht schauen sie nicht einmal hin oder sind genervt. Aber ich denke nicht, daß danach die Eltern sich die Kinder schnappen und in die Bibliothek gehen, um sich dort alle anzumelden. Wirkung verfehlt! Das Geld hätte man sich sparen können und lieber in Projekte vor Ort stecken sollen!
  2. Die Spots alleine passen überhaupt nicht zum Ziel "Leseförderung". Ein Zusammenhang zwischen Worten und Lesen gibt es in keinem Spot. Lesen kommt überhaupt nicht vor. Nur ganz zum Schluß im Abspann - völlig allein, zusammenhangslos wird dann auf einmal "Lesen macht sexy" ausgerufen. Aha. Ich dachte beim Zuschauen, toll, viele Wörter helfen Dir im Reden, Streiten mit anderen. Aber Buch? Nein, ein Buch zur Hand zu nehmen, darauf wäre ich nach dem Anschauen des Films nicht gekommen.
  3. Die Aussagen des Films, wie Worte wirken, haben für mich oftmals die Kernaussage: wer sich gut ausdrückt, kann sein Gegenüber beeindrucken, begegnen oder auch sehr oft mehr Macht über ihn ausüben. Weil er ihn mit Worten besiegt, ihn manipuliert. Dieser Machtanspruch, das Gegeneinander wird mir zu oft in den Filmen hervorgehoben. Ja, gute Worte sind eine scharfe Waffe. Aber gute Worte sollen doch zunächst einmal ganz banal überhaupt die eigenen Gedanken ausdrücken, mich mit den anderen Menschen verbinden, eine Brücke schaffen. Also die Intention ist mir in den Filmen zu sehr auf Kampf, auf Macht über den anderen Menschen ausgelegt.
  4.  Zudem finde ich die Spots ganz in RTL-Manier: aalglatt, geschönt bis zum geht nicht mehr. Vor allem bei den Frauen fällt es sehr auf. Da sieht man die dicke Schicht der Schminke, die Promi-Kleidung, die überzuckerte Weichnzeichnerei, überhaupt die starke Bearbeitung. Zu gewollt, zu berechnend sind mir diese Spielereien mit den Buchstabenfolgen, die teilweise - je nach Talent des Prominenten - hölzern, zu nachträglich bearbeitet sind. Keiner der Präsentatoren hat übrigens ein echtes Buch in der Hand. Nein, da haben sich die Macher zu sehr in die technische Spielerei mit den Graphiken verliebt.
  5. Und wer redet über die Kampange? Ich bin durch eine Branchenkollegin, die ihre Kritik auf Facebook äußerte, auf die Kampagne gestoßen. Viele pflichteten ihr dabei, fanden die Filme nicht toll. Und ansonsten? Kam sie in meinem Strom der täglichen Nachrichten im Netz nicht vorbei. Blicke ich auf die Videos im Youtube-Kanal der Stiftung Lesen und schaue mir dort die Klickzahlen an, dann werden sie definitiv nicht wahrgenommen. Bzw. reden in meinem Dunstkreis diejenigen über die Kampagne, die sowieso eine starke Affinität zu Büchern haben oder in der Buchbranche arbeiten.
  6. Übrigens soll die Kampagne auf die 7,5 Mio. funktionalen Analphabeten in Deutschland abzielen. Nun ja, selbst dieser Fakt kommt nicht bei den Filmen allein herüber. Auch in den diversen Mitteilungen der Stiftung Lesen zur Kampagne wird dieses Ziel nicht immer genannt. Ich bin da verwirrt zurückgeblieben.

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