Kinderbuch über Stottern und eigene Träume: "Tagebuch eines Überfliegers" von Frauke Angel, ab 8

Inhalt:  Tomke stottert, deswegen schreibt er lieber Tagebuch. Und wegen seines Stotterns muss er viele Therapien besuchen und Omas Sprachübungen erdulden. Viel lieber würde Tomke Rollschuh fahren, wie das glitzergrüne Mädchen das er regelmäßig sieht. Und einen Gedankenleser zu erfinden, wäre auch eine prima Idee. Denn dann würde er weniger Probleme in der Schule und sonst wegen seines Stotterns haben. Ein witziges Kinderbuch ab 8 Jahre über anders sein, eigene Talente entdecken und mehr Selbstbewusstsein. Rezension des Kinderbuches: Keine leichten Themen wie Armut oder Trennung der Eltern unterhaltsam in eine Kindergeschichte zu erzählen, ist die Spezialität der Kinderbuchautorin Frauke Angel. Im Kinderbuch ab 8 "Tagebuch eines Überfliegers" widmet sie sich dem Thema "Leben mit einer Beeinträchtigung".  Tomke stottert, wird dadurch schräg von seinen Mitschülern beäugt. Seine Mutter macht sich deswegen Sorgen und zieht mit Tomke von Therapie zu Therapie. Seine Oma ü

Die Kunst der Buchbesprechung, I: mein Bewertungsmaßstab

Schon seit einiger Zeit schwebte mir dieser Blogbeitrag im Kopf herum. Nun las ich bei Stefanio Leo in ihrem Blog LebenLesenLachen ihre Rezensionsregeln. Sie gab mir den Anstoß, endlich diese kleine Beitragsreihe hier niederzuschreiben. Es geht um meine Ansprüche an Kinder- und Jugendbüchern, also um meinen Bewertungsmaßstab, woher ich meine Rezensionsexemplare bekomme und wie die Rezensionen hier von Verlagen und Autoren weitergenutzt werden dürfen. Da alles in einem Beitrag zu viel wäre, teile ich ihn in 3 einzelne Blogbeiträge auf.

Die Kunst der Buchbesprechung: mein Bewertungsmaßstab


Die Rezension im Belletristikbereich war vor dieser Mitmachinternetzeit einem ausgewählten Kreis an Journalisten, Experten, Publizisten vorbehalten. Sie hatten in ihrer beruflichen Funktion die Aufgabe, Bücher in verschiedenen Medien wie Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Fernsehen zu besprechen. Es zeichnete sie journalistische Kenntnisse zur Niederschrift einer Rezension, Kenntnisse über die Materie und der Zugang zum Veröffentlichungsmedium aus. Rezensenten in der Präinternetära hatten durch ihren exklusiven Zugang viel Einfluß auf die Verbreitung der Kinder- und Jugendbücher - gewissermaßen eine Machtstellung. Es war die Zeit der Feuilletonrezensenten.

Nun änderte sich diese Ära seit dem Social Web schlagartig. Jeder konnte nun mittels Blog oder Kundenrezensionen bei Online-Händlern wie Amazon seine Meinung veröffentlichen - egal welche Motivation, egal welche Kenntnisse über die Materie insgesamt oder welche Ausdrucksfähigkeit er hat. Es entstand ein zweiter Einflußbereich über die Wahrnehmung, Verbreitung von Kinder- und Jugendbüchern. Die Qualität dieser Buchbesprechungen ist sehr breit. Da findet man mehr oder weniger eine Abschrift des Covertextes plus ein nichtssagendes "Hat mir sehr gut gefallen" bis zu ausführlichen, einordnenden Rezensionen, die sich durch Authentizität, Ehrlichkeit, Kenntnistum des Rezensenten auszeichnen.

Warum werden nun diese Blogger mehr und mehr von den Verlagen wahrgenommen?


Es geht hier schlicht und einfach um Zugäng zu den Netzwerken, zur Leserschaft der Blogger. Natürlich schafft es kaum ein Blog, solch eine quantitative Leserschaft wie beispielsweise die FAZ aufzubauen. Dennoch sollte man den Einfluß des einen oder anderen Bücherblogs nicht gering schätzen. Mehrere zehntausende Zugriffe pro Monat sind bei langbewährten Blogs/Webseiten drin. Zudem darf das (persönliche) Netzwerk des Bloggers zur Zielgruppe nicht unterschätzt werden. Da geht es nicht nur um Präsenzen im Soical Web wie Facebook, Twitter und Co, sondern auch die Vernetzung zu Autoren, die vielen Mails mit den Lesern, vor Ort Aktionen etc. Genau dieser gute Zugang zur Zielgruppe der Endkunden schätzen die Verlage sehr. Denn hier ist der Verlust bei der Streuung geringer als bei einer thematisch übergeordneten Zeitschrift. Die Kooperation ist meist preiswerter als eine traditionelle Anzeige. Und schließlich darf auch der Faktor SEO nicht unterschätzt werden. Wenn ein Buch mehrmals in verschiedenen Blogs/Webseiten erwähnt wird, macht es in der Masse auch das Kraut (besser) fett als eine einzelne Erwähnung in der gedruckten FAZ ;-) - auch langfristig. Dabei darf man nicht vergessen, daß für Kinder- und Jugendbücher die Publikationsorte im traditionellen Bereich noch ein Stück kleiner als für die Belletristik allgemein ist.

Was ist aber beiden Bereichen - dem traditionellen und dem modernen - gemein? Rezensionen sind immer Meinungen des Rezensenten. Ihre Wertigkeit hängt von ihm ab:
  • von seiner Kenntnis über die Materie
  • von seiner gerechten Empathie
  • von seiner Transparenz
  • von seiner Authentizität
  • von seiner Ausdrucksfähigkeit
 Bei Kinder- und Jugendbüchern kommt eine besondere Herausforderung auf den Rezensenten noch hinzu. Meist sind es Erwachsene, also nicht die eigentliche Lesezielgruppe, vielmehr die Kaufzielgruppe. Die Lesezielgruppe sind in allererster Linie die Kinder, gefolgt von den Erwachsenen. Die Kaufzielgruppe siind jedoch - je jünger die Lesezielgruppe ist, desto wahrscheinlicher - die Erwachsenen (Eltern, Großeltern, Verwandte, Bekannte, Pädagogen, Bibliothekare). Im Gegensatz zur sonstigen Belletristik teilt sich die Zielgruppe in 2 Säulen auf - mit starken Folgen für die Buchbesprechung. Denn der Erwachsene Rezensent muß bei der Buchbesprechung immer die eigentliche Zielgruppe im Hinterkopf haben. Wie würden sie das Buch wahrnehmen? Auf was legen Kinder bei einem Buch besonders wert? Spricht das Buch die eigentliche Zielgruppe - nämlich die Kinder - oder im Grunde doch die Kaufzielgruppen an?

Stefanie Leo geht übrigens seit mehr als 10 Jahren einen anderen Weg bei ihren Kinder- und Jugendbücherbesprechungen. Sie läßt diese - außer im Kleinkindbilderbuchbereich - von der Lesezielgruppe begutachten. Denn ihre Erfahrung war es, daß Kinder so manches Buch völlig anders als ein Erwachsener einschätzen. Nachdem sie mich auf diesen Umstand aufmerksam gemacht hat, habe ich meine Tochter bei ihrem Leseverhalten genau beobachtet. Es stimmt. Über so manches Buch waren wir geteilter Meinung. Für mich ein ganz wichtiger Lernschritt.

Mein Bewertungsmaßstab

Ich bewerte - angelehnt an die berühmte Amazonbewertung - ein Buch folgendermaßen:
  • es gibt zunächst eine kurze, möglichst aussagekräftige Inhaltszusammenfassung, die jedoch nicht den Höhepunkt des Buches an die Leser verrät
  • danach folgt meine Meinung, die ich als solche auch kenntlich mache
  • im Meinungsteil gehe ich auf die Buchidee, ihre Umsetzung in Text und Bild, das Zusammenspiel der beiden ein
  • zumeist rundet ein Fazit die Besprechung ab
  • danach folgt die Sternebewertung:
    • ein Stern: ungenügend > völliger Verriß
    • zwei Sterne: mangelhaft > schlechte Buchidee oder -umsetzung, verfehlte Zielgruppe, schlechte Qualität in der Verarbeitung
    • drei Sterne: befriedigend > meist ambivalenter Eindruck, Bruch im Plot, in der Wort-Bild-Kombination oder in der Zielgruppenansprache
    • vier Sterne: gute Einschätzung > ein, zwei kleinere Ungereimtheiten, ansonsten sehr gute Qualität bzgl. Buchidee und -umsetzung in Wort-Bild
    • fünf Sterne: ausgezeichnet, absolut empfehlenswert > innovative, geniale, zielgruppengerechte Buchidee und/oder Umsetzung in Wort und Bild, sehr gute Qualität in der Verarbeitung
  • abschließend nenne ich die Metadaten des Buches 
Wichtig ist mir bei einem Kinder- und Jugendbuch:
  • das gesamte Buch muß von der Buchidee über die Umsetzung bis zur Verarbeitung dem empfohlenen Lesealter entsprechen
    • in der Abstraktion/Komplexität der Buchidee entsprechend des Lesealters
    • in altersgerechter Umsetzung in Wort und Bild
    • bruchfreier, spannungsreicher, sinnvoll und logisch aufgebauter Plot
    • Wortwahl, Satzstruktur entsprechend des Lesealters
    • Illustrationen entsprechend des Lesealters
    • Wiedererkennungswert entsprechend des Lesealters
    • Stimmigkeit und Bezug von Text und Bildern
    • Darstellungsform und -verarbeitung entsprechend des Lesealters (Kleinkinder kommen mit Pappbüchern besser in der Handhabung als mit dünnen Seiten zurecht)
    • keine Vermischung der zwei verschiedenen Zielgruppen
    • Umfang und Darbietung entsprechend des Lesealters
Auch wenn ich versuche, mich in die Zielgruppe hineinzuversetzen, sind meine Rezensionen immer noch eine Rezension eines Erwachsenen und meine Meinung. Wie so oft kann und darf sie sich von anderen unterscheiden - mal mehr, mal weniger. Ich versuche immer, klar und deutlich meine Kritikpunkte zu benennen und auch zu begründen. Ich schreibe keine Gefälligkeitsrezensionen, sondern sie spiegeln tatsächlich meine Meinung bei der Niederschrift wider. Denn was ich seit meiner intensiven Beschäftigung mit Kinder- und Jugendbüchern bemerkt habe, ist, daß sich mein Blick auch wandelt - weil ich stetig mehr Bücher aus diesem Bereich kennenlerne, mir so mehr Vergleiche für meine Einschätzung möglich sind (Stichwort Kenntnisreichtum und Erfahrung), und weil ich mich darüber hinaus auch mehr und mehr theoretisch und praktisch mit der evolutionsbiologischen Entwicklung von Kindern bzw. verschiedenen Pädagogikkonzepten beschäftige. Denn so manches Kinderbuch ist in seiner Aufmachung völlig an der gegebenen physiologischen Entwicklungsstufe der Zielgruppe vorbeigeschrieben oder bebildert.

Was ich in den letzten Monaten auch gemerkt habe: so manches Mal begegnete mir ein Kinderbuchautor, dessen Stil völlig konträr zu meiner Auffassung von einem guten Kinder- und Jugendbuch ist. Merke ich diese Divergenz, dann verzichte ich bewußt auf eine Bewertung seiner Bücher. Denn eines müssen wir Rezensenten immer beachten: den Respekt vor der Arbeit und Leistung des Autors bzw. Illustrators. Wenn mir ein Stil generell nicht gefällt, werde ich bei aller versuchten Neutralität bei einer Meinungswiedergabe nicht zu einem überschwenglichen Lob kommen. Den Verfasser aufgrund der verschiedenen Meinungen stetig zu zerreißen, ist einfach respektlos. Es kommt eben in der Wort- und Bildkunst, unter die auch Kinder- und Jugendbücher fallen, immer wieder zu völlig verschiedenen Geschmäckern. Das ist völlig legitim und kein Problem.
Also jeder Rezensent sollte Respekt vor der Arbeit des Autors und Illustrators haben.
Gleiches gilt übrigens auch für die Kinderbuchverlage. Denn auch sie haben ihren Stil.

Zum Schluß: 10 Tips für eine gute Buchbesprechung

  • Nennen Sie die Basisdaten des zu besprechenden Buches: Autor, Titel, Verlag, Erscheinungsdatum, -ort, ISBN, Preis.
  • Fassen Sie als erstes den Buchinhalt kurz zusammen, achten Sie dabei auf die Zielstellung des Buches (Zielpublikum, Teil einer Reihe, Einzelerscheinung)
  • Geben Sie auch Informationen zum Autor, die für das Verständnis des Buches sinnvoll sind (schon mehrere Bücher geschrieben? Fachkenntnisse aus Berufserfahrung?)
  • Hat das Buch die Ansprüche in der Konzeption umgesetzt? Woran machen Sie Ihre Entscheidung fest?
  • Ordnen Sie das Buch in die Literatur zum entsprechenden Thema ein. Welche Vorteile hat es gegenüber Konkurrenzveröffentlichungen, welche Nachteile? Was macht das Buch besonders?
  • Gehen Sie auf elektronische Ergänzungen ein. (Gibt es eine App zum Buch? Ist es als eBook erhältlich?)
  • Forumulieren Sie klar und deutlich, möglichst mit Beispielen die Kritik an dem Buch. Gehen Sie dabei auch auf Gestaltung und technische Verarbeitung ein (Sind die Bilder in einem Foto- bzw. Kunstband gut gedruckt? Ist das Druckbild klar lesbar? Ist die Schriftgröße und Schriftbild dem Inhalt des Buches angemessen?)
  • Fassen Sie in einem Fazit Ihre Buchbesprechung zusammen. Formulieren Sie Ihre abschließende Meinung und geben Sie eine Empfehlung.
  • Vermeiden Sie Polemik. Formulieren Sie Kritik sachlich!
  • Vermeiden Sie Rechtschreib- und Grammatikfehler. Schreiben Sie lebendig, aber dennoch sachlich.




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